Es ist als hätte ich die Fähigkeit zu schmecken oder zu riechen verloren; nur ist mir die Fähigkeit abhanden gekommen, irgend ein Buch interessant und spannend zu finden. Ich lese bloß noch weil ich mich dazu zwinge. Man könnte es auch mit einer Schreibblockade vergleichen, nur in umgekehrter Richtung – es ist eine Leseblockade. Ich versuche mich an Büchern verschiedenster Art, alte und neue. Ich kaufe mir Sachbücher und Romane bewährter und ganz unbekannter Autoren. Nichts funktioniert. Auch an Klassikern versuche ich mich – meist empfinde ich die als zu anstrengend. Manche Werke (z.B. jene von großen Philosophen) gehen auch ganz offensichtlich über meine Kapazitäten. Vielleicht bin ich plötzlich verblödet. Mein Hirn hat sich schon in die Pension verabschiedet. Oder ich habe es mit sinnlosem Instagram-Scrollen umgebracht. Jetzt will es nur mehr bedeutungslose Bilder und Bilder von Kunst-Dingen oder von Tieren sehen.
Es ist zum Verzweifeln. Ich weiß nicht mehr was ich machen soll. Es geht über das Lesen hinaus – selbst Youtube und Instagram öden mich an, dass ich durchdrehen möchte. Gibt es nichts Interessantes mehr auf der Welt für mich? Ist alles redundant? Habe ich alles schon mal wo gelesen oder gehört? So kommt es mir vor! Alles wird nur wiedergekaut. Früher kribbelte es in mir, als ich etwas las, das etwas in mir auslöste. Kleine Impulse, Freudes-Kribbeln. Ich vermisse das Kribbeln. Es ist verschwunden und ich weiß nicht, was ich tun soll um es wiederzufinden.
Eine Liste der Bücher, die ich begonnen und nicht fertig gelesen habe, in letzter Zeit:
Hery Miller, Sexus – mal was Älteres. Wurde mir empfohlen. Ich genoss es bis zur Hälfte, dann hielt ich die misogyne Einstellung der Ich-Person nicht mehr aus.
Elif Schafak, Der Architekt des Sultans – Liegt auf meinem Nachttisch; begonnen, einige Zig Seiten gelesen; konnte mich (vorerst) nicht so richtig fesseln.
Slavoj Zizek, Absoluter Gegenstoß … – Ich verstehe 10% davon, weil mir das Philosphie-Dr.Studium fehlt.
Sybille Berg, GRM – Was finden alle an diesem Buch? Mühsam, abstoßend und nicht im geringsten interessant. Wenn ich kaputte Charaktere erleben möchte, mache ich das live in der U6, am Urban-Loritz-Platz oder am Praterstern. Stefanie Sargnagel kann die auch viel treffender beschreiben mit einem gewissen etwas, voller Empathie und (Selbst)-Ironie. Bei Berg ist es nur abstoßend…
Roland Barthes, Fragmente einer Sprache der Liebe – teilweise ganz nett. Insgesamt „mäh“.
Varujan Vosganian, Als die Welt ganz war – Ok, zugegebener Maßen, ich habe nur ganz wenig hineingelesen. Diesem Buch sollte ich noch eine Chance geben. Es konnte mich halt nicht auf Anhieb fesseln.
James Joyce, Ulysses – Gott, ist dieses Buch schwer zu lesen (auch in der dt. Übersetzung)
Vielleicht gibt es noch andere, die ich jetzt vergessen habe. Es wird mir nichts anderes übrig bleiben, als es weiter zu versuchen. Das treffendste Adjektiv, das mir zu meiner Unlust einfällt, ist uninspiriert. Ich BIN uninspiriert, fühle mich uninspiriert und meine Lektüre-Wahl ist dementsprechend uninspiriert. Deprimierend ist das.