Das Beste an Fotos ist, wenn man sie nach langer Zeit wieder findet. In dem Moment, wenn man das Foto macht, scheint die Situation möglicherweise alltäglich, unwichtig, nicht besonders. Doch gerade diese Fotos sind oft die, über die man am meisten staunt, wenn man sie Jahre später anschaut. Wie habe ich damals ausgesehen? Wer war da noch dabei? – Mit wem habe ich mich umgeben? – Was habe ich da gemacht? Gesichter und die Mode verändern sich. Menschen verändern sich, doch auch unsere Umgebung verändert sich. Häuser werden abgerissen, neue werden gebaut. Ganze Straßenzüge sind, Jahrzehnte später, fast nicht wieder zu erkennen. In unserer Erinnerungen wären diese Dinge unwiederbringlich verloren, denn wir erinnern uns eher an Gefühle und kleine Fragmente, vielleicht sind es Wortfetzen. .. Die meisten alltäglichen Situationen jedoch wären weg. So wie es jeder Moment ist, im Moment danach.
Die Bilder wurden irgendwann, ca. 2010, gemacht. Bei zwei davon habe ich den Auslöser gedrückt, bei einem der junge Mann, der auf den anderen Bildern zu sehen ist (wir waren beide jung). Nennen wir ihn C. Sie wurden auf Film belichtet (nicht aus Gründen der fehlenden Technik, sondern aus Lust am Analogen) und erst viel später entwickelt. Wenn man Filme schießt und sie später entwickelt, erlebt man immer Überraschungen. Das ist das Schöne an der analogen Fotografie. Fast kann man sich nicht mehr erinnern, dass man diese Fotos gemacht hat. Und manchmal meint man sogar ein Foto gemacht zu haben, das dann aber nicht unter den Abzügen erscheint. Ein Hirn-Schnappschuss, sozusagen, bei dem man nicht auf den realen Auslöser gedrückt hat.
Alles an diesen Bildern hat eine lange Geschichte. Die Stimmung, die man beim Betrachten als entspannt und sorglos interpretieren könnte, war in Wirklichkeit eher anders – zumindest in meiner Erinnerung. Eher gelangweilt und uninspiriert. C. hat eine lange Geschichte. Wir haben einen langen Teil unseres Lebensweges zusammen beschritten. – Doch diese Geschichte steht auf einem ganz anderen Blatt.
Rayo, der Hund, ist immer noch bei mir, doch jetzt viel grauer im Gesicht. Die neun Jahre sind auch an ihm nicht spurlos vorüber gegangen.
Und schließlich die Radfahrerin. Diese Unbekannte, die im 3. Bild erscheint. Sie ist Momente später Rayo fast über die Pfoten gefahren. Dieser, erschrocken, hat sie nach Hundeart zurechtgewiesen. Aufgrund des Kratzers, den sie dabei abbekommen hat, hat sie mich fast angezeigt. Der Tag war danach versaut: C. und ich haben gestritten; ich habe mir große Vorwürfe gemacht.
All diese Details kann ich auf den Bildern sehen – und jemand anderer nicht.
Fotos sind besonders, wenn wir sie selbst produziert haben. Sie spiegeln einen Teil unserer Erinnerung wider, auf den sonst niemand Zugriff hat. Sie sind so viel mehr, als man von außen sieht, jedoch nur für die wenigen, deren Erinnerungen das Schloss bilden, zu dem das Foto den Schlüssel stellt.
Hi Marta, danke das du uns an diesen Erinnerungen teilhaben lässt…ich habe mir letztens auch gedanken über cians photos gemacht bastle gerade an seinem Album der letzte eintrag earen die ultraschallbilder..ups…am liebsten habe ich die wo er von oben bis unten mit joghurt voll ist oder am boden liegt und nicht weiter gehen will…also die alltagsbilder sind am ehrlichsten und bringen mich zum schmunseln 🙂
🙂 danke für’s kommentieren! Freu mich immer.