Ungewollter Aufenthalt in Mainz

So lange die Sonne scheint, ist alles einfach, vielleicht nicht einfach, aber es ist ok und die meiste Zeit leicht zu ertragen, sogar wenn es anstrengend ist. „Summertime and the living is easy.“ Doch heute, als ich Frankfurt verließ, regnete es. Ich legte Regenjacke und Regenhose an und dachte, „vom Regen kann ich mich nicht aufhalten lassen, da komme ich ja nie irgendwo hin“. Und so fuhr ich. Nach den ersten paar Kilometern war ich verärgert, denn es hörte nicht auf. Dann fuhr ich weiter, ich war noch bei der Post, war dann noch kurz Verpflegung einkaufen. Es regnete immer noch und es wurde stärker. Als ich einen kleinen Ort gleich nach Frankfurt verließ, zweifelte ich schon, „hätte ich wirklich weiterfahren sollen“? Ich begann auch noch leicht zu frieren und war mir nicht sicher, ob die Nässe schon durch meine Regensachen durchkam, oder ob ich einfach nur die Kälte des Wassers durchspürte. Bei einer kleinen Überdachung, einem Pavillon gleich, mitten im Nirgendwo hielt ich an um einen Pullover unter der Jacke anzuziehen. Ich stellte fest, dass ich noch alles trocken war und nachdem ich den Pullover angezogen hatte, fühlte ich mich wohl.

So konnte ich noch über 20 km durch den Regen fahren. Passierte einige hässliche Industriegebiete mit großen, Fabriken gleichenden Gebäuden, Schloten, Silos, Brücken. Dann war lange wieder nur Wiese und Wasser. Felder. Der Fahrradweg lag schmal und ungeteert dazwischen. Irgendwann kam ich in einen Flow: Das Fahren machte Spaß, der Regen war unwichtig, ich spürte die Regentropfen zwar zwischen meinen Augenbrauen rinnen, meinen Nasenrücken entlanglaufen, über meine Lippen und an meinem Kinn abtropfen, doch es machte mir nichts aus. Ich hörte auf, darauf zu warten, dass der Regen endet, sondern nahm ihn an. Ich sang laut Lieder vor mich hin und traf auf den ca. 30 Kilometern bis nach Mainz vielleicht vier andere Radfahrer, die mir entgegenkamen. Sie waren auch so regendicht eingepackt, wie ich und wir schmunzelten uns gegenseitig an, wenn wir uns sahen oder nickten uns zu, zur Begrüßung.

Ich nahm mir vor, in Mainz zumindest ein Café mit Internet aufzusuchen, um alles weitere zu planen und kurz die Stadt zu besichtigen. Dann wollte ich noch ca 30 km weiterfahren, Richtung Köln, den Rhein entlang. (Bei Mainz fließt der Main in den Rhein) . Doch nach ein paar Runden durch die Stadt, merkte ich, dass der Regen nun doch meine Haut erreicht hatte. Bald würde ich wieder zu frieren beginnen. Meine Schuhe waren längst durchnässt, meine Füße also kalt. Es reichte. Ich ging in die Touristeninfo und besorgte mir ein Hotel.

Hier sitze ich nun in meinem Zimmer, habe im Internet gesurft, habe Musik gehört. Es ist so gemütlich. Mainz ist weit weg – jedenfalls aus meinem Kopf. Ich will nicht mehr hinaus in den Regen.

Immer wieder muss ich feststellen, wie limitiert wir doch als Menschen sind. Oder vielleicht bin ich das. Wenn es kalt und nass wird, brauchen wir ein Obdach. Ohne dieses halten wir es nicht lange aus. Es ist natürlich aus eine psychische Sache – Unter einer Brücke mit einem Feuer, würde es vielleicht auch gehen, aber das könnte ich nicht durchziehen.

Wenn es morgen noch immer so regnet, bleibe ich noch einen Tag. Vielleicht komme ich sogar noch dazu, die Stadt zu sehen.

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2 Kommentare bei „Ungewollter Aufenthalt in Mainz“

  1. Ich kann mich gut an all meine verregneten Radtouren erinnern 😉 Derzeit sehne ich mich nach Regen und freue mich über jeden Tropfen, aber das ganze hat auch mit der Temperatur zu tun und mit dem Wind. Am Rad ist Regen, Kälte und Wind einfach viel ärger. Gibt es eine Karten, Marta, wo man sehen kann, welche Tagestouren Du bisher zurückgelegt hast? Alles gute, und erkälte Dich nicht.

    1. Hi! Ja, das musste ja mal kommen, der Regen. Hatte ja sonst bisher ziemliches Glück. Es gibt noch keine Karte der Tagesetappen, aber wär wohl gut, wenn ich eine machen würde. Mal sehen…

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